Wie durch trübes Glas schaust du das Dorf.
Unten liegt es in fahler Sonne
Voll wolkender Schlote.
Beifußwälder umfangen dich steppengrau,
Krane krächzen mit rostigem Schrei
noch in die Kammer dir,
schmal inmitten der Höfe voll Zank und Gekeuch.
Rau gellt der Schrei der Kinder beim Spiele,
nimmer erfüllt von Gesang, von Wäldern und Engeln.
Nimmer tragen die Mädchen Rosen im Haar
beim Tanz auf den Schlacken.
Deine Liebe glauben nicht mehr
Augen, frech und vergreist.
Wenn die Glocke bimmelt des Kirchleins
dünn zum Schrei der Sirene am Abend,
flimmern die Lichter des Kinos, und Lärm füllt die Schenke.
Arm sind die Träume geworden der Männer, der Mädchen
und von den ätzenden Laugen des Alltags entfärbt.
Wie auch sollte sie Freude erfüllen,
sie, getragen vom unwillig fruchtbaren Schoß,
angetrieben vom eisernen Antlitz starrer Maschinen,
aber die Adern geknebelt zum Herzen des Lebens
vom Hochmut des armen Gehirns!
Immer noch kreischt Musik, wenn die Sterne schon leuchten,
kindische Flügel der Flucht. Doch es bleibt
nächtens das Schweigen im Lärm, die Angst
und nagend die Leere.
Wanderer, wenn du beginnen willst unter dem Himmel,
schwarz vom Gewölk der Fabrik und von Mauern umstellt:
Prüfe, wie groß ist dein Herz, dass es strahle,
dir genug, ach nur um dich zu bewahren,
aber den andern genug, den Männern und Müttern?
Magst du, Stolzer, bestehn in allen Gezeiten der Seele:
Nun, am Eingang ins Dorf,
betend um Gnade, um Stärke
senke dein Haupt.
"Brückenbogen", 1976
Wenn der Hauch der Frühlingsblüte
schon zur schwülen Süße schwoll,
tönt der Ruf, der lichtdurchglühte,
des Pirols geheimnisvoll.
Einsam tropfen seine Glocken
In den Glast der Mittagsstund,
und die Zauberlaute locken
Rose, Mohn und Türkenbund.
Heimlich blitzt das Goldgefieder,
schimmert durch die grüne Kron.
Lautlos schließt das Laub sich wieder.
Ferner klingt des Scheuen Ton.
Stimme, an das Licht verloren,
die sich tönend uns verschweigt,
Laut des Südens, traumgeboren,
wenn das Jahr sich trunken neigt!
Eh die Früchte noch sich röten
und das Herz den Ruf erfasst,
ist verschollen schon das Flöten,
ist dahin der goldne Gast.
Brückenbogen, 1976
Hände
Verschenke doch, verschwende
das Leuchten deiner Hände,
die Ströme, zauberhaft!
Wen die gewölbten Schalen
umschließen, spürt im Strahlen
all deiner Liebe Kraft.
Weißt mehr du darzubringen?
Du darfst im andern schwingen,
und Heil strömt dir zurück.
Selbst Hände, rau von Sünden,
erstrahlen und verbünden
dich diesem reinsten Glück.
Brückenbogen, 1976