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Aus dem Gedichtband: Vorfrühling, 1921

 

Meinem Vater (1. veröffentlichtes Gedicht)

 

Kaum hätt´ ich dir mein graues Sein gedankt,
mein Sein im harten Joche Arbeitstier,
das täglich murrend sich ums Futter zankt,
im Alltagsgrau voll Not und dumpfer Gier.
Kaum hätt´ ich dir mein graues Sein gedankt
und ward an deiner Güte irre schier,
dass schon in mir die Dankbarkeit gewankt:
Willst du, dass solch ein Los auf Erden mir?
Kaum hätt´ ich dir gedankt mein graues Leben,
wenn du mir nicht die arbeitsraue Hand gegeben,
zu führen mich in heil´ges Wunderland,
dass ich mit seltsam tiefem Sonntagsbeben
dem Alltag fern hoch auf den Bergen stand.


"Vorfrühling, 1921"

Fasching 1921

 

Noch sind die Tränen nicht getrocknet am Lorbeerkranz,
den man dem Toten aufs Grab gelegt.
Noch ist verblichen nicht der Totenkerzen Glanz,
da hat sie den andern schon im Herzen gehegt.
Noch rauchen Dörfer und Ruinen furchtbar, traurig,
die durch des Krieges Glut in Brand gesetzt.
Noch schallt durchs weite Land ein Ruf so schaurig
von denen, die man in den Tod gehetzt.
Und trotzdem klingt der Tanz zu frohen Mienen.
Von leichtem Flitter wird das große Weh verhüllt,
das jetzt die weite Welt erfüllt.
Ihr Menschen, ihr tanzt auf Särgen und Ruinen!


"Vorfrühling, 1921"

Und doch!

 

Ein kleiner Streifen Grün im finstern Hofe,
zertreten und zerwühlt.
Und doch:
Die Erde schwillt
und süßes Duften aus den harten Schollen quillt
im engen, finsteren Kasernenhofe.
Ganz klein das Leuchten in der Seele nur,
gezwungen und geschändet durch die Alltagsmühe,
von Licht, von Glück nur eine kleine Spur.
Und doch:
Ein dummes Hoffen, dass es wieder blühe.


"Vorfrühling, 1921"

Vor Sonnenaufgang

 

Ein müder Schwärmer, legt der Mond sich schlafen.
Schon ist sein Schein im Waldesschwarz versunken.
Ganz stille ist es. Nur die Wälder atmen.
Im Osten zucken goldiggraue Funken.
Wie durch ein Beterheer geht leises Flüstern
von Baum zu Baum durch schlafestrunk´ne Wälder.
Die Erde drängt, sie sehnt sich wild und duftet
Und weint in Perlen auf die Wogenfelder.
Die Erde schwillt. Die Wälder atmen stärker.
Wie Spinnweb´ zarte Nebel sich erheben.
Entblößt erschauert jauchzend nun die Erde:
Im schönsten Kleid will sie dem Licht sich geben.


"Vorfrühling, 1921"

Andante religioso

 

Traumzarte Farben auf fernen Höhen,
frisch umgepflügter Ackerschollen Duft,
geruhsam still und weich ein Windeswehen;
scheu irgendwo die erste Amsel ruft.
Ein junges Weib auf seinem Abendgange ....
Und ihrer Hoffnung alte Melodie
singt leis im Abendglockenklange
andächtig scheu: "Angelus Domini".


"Vorfrühling, 1921"

 

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